Samstag, 30. März 2013

Die Chagga

In Tansania besteht ein großer Völkerreichtum. Verschiedene Völker und Stämme mit ihren eigenen Kulturen leben regional verteilt nebeneinander.
Unser Gastvater ist ein Chagga. Das haben wir zum Anlass genommen uns mit diesem Volk etwas näher auseinanderzusetzen.

Traditionelle Chagga Hütte
Die Chagga sind ein Volk von ungefähr 1 Mio. Menschen (Angaben schwanken), die verteilt um die Kilimanjaroregion leben. Der Großteil ist christlichen Glaubens (Katholiken und Lutheraner), eine Minderheit ist muslimisch. Viele der alten Bräuche und Sitten haben sich gehalten, sofern sie mit dem neuen Glauben vereinbar sind.
Die Sprache der Chagga heißt Kichagga, ist aber regional großen Unterschieden unterlegen. Außerdem sprechen fast alle Chagga auch Kiswahili.









Auf diesem alten Chagga Wappen seht ihr 5 Elemente:
altes Chagga Wappen
Der Leopard lebt im Kilimanjarogebiet und ist ein Symbol der Stärke und Unbesiegbarkeit. Daher wurde auch jedem neuen Stammesoberhaupt ein Leopardenfell zur Initiierung angelegt. Danach, so der Glaube, sollte die Regentschaft gegen alle Feinde von Innen und Außen geschützt sein.
Darunter der Kilimanjaro, der den Lebensraum repräsentiert.
Kaffestrauch und Bananenblatt exemplarisch für die betriebene Landwirtschaft, wobei die Bananen früher Hauptnahrungsmittel und somit Lebensgrundlage war.
Umrahmt all dies von den Blättern der Yukapalme, ein Symbol des Friedens und der Vergebung. Wer jemanden um Vergebung bittet, dabei früh morgens die jüngsten Blätter dieser Pflanze pflückt und sie der anderen Person mitbringt, dem muss vergeben werden.

Wie bereits aus dem Wappen ersichtlich stellt Landwirtschaft die traditionelle Lebensgrundlage der Chagga dar. Die Chagga sind bekannt für ihre Mischfelder, die in mehreren Etagen angelegt sind.
Die oberste Etage wird von großen Bäumen gebildet, die Früchte, Feuerholz und Schatten geben. Auch reduzieren sie die Temperaturschwankungen in den unteren Etagen. Tagsüber schützen sie vor extremer Hitze, nachts vermindern sie den Wärmeverlust. Außerdem bieten die Wurzeln einen gewissen Erosionsschutz.
ein nicht ganz so dicht bepflanztes Feld
Darunter befinden sich Sträucher, Bananenstauden, Kaffee und Gewürze.
In der unteren Etage pflanzen sie Linsen, Bohnen, Hirse, Erbsen, Blattgemüse, anderes Gemüse und kleine Sträucher an.
Diese Mischfelder sind typischerweise direkt um das Haus gebaut und enthalten auch Ställe für das Vieh.
Diese Art der Landwirtschaft bietet ihnen eine gewisse Unabhängigkeit vom Angebot auf den lokalen Märkten und verhindert die einseitige Beanspruchung der Böden durch Monokulturen. Außerdem ist aufgrund der Diversität der Ernteausfall einer einzelnen Sorte leichter zu kompensieren. Auf der anderen Seite bringen die einzelnen Pflanzen etwas weniger Ertrag, da alle um Nährstoffe und Wasser konkurrieren. 



Das Vieh wird nahe am Haus umgeben vom Dreietagenfeld gehalten

Zusätzlich zu den Mischfeldern besitzen die meisten Familien noch Felder in denen sie Mais oder Getreide anbauen. Diese Felder befinden sich häufig einige Kilometer weiter unterhalb in wasserärmeren Gegenden. Viele Nutzgegenstände werden selbst hergestellt.

kleine Werkstatt
Früher bestand die Ernährung der Chagga fast ausschließlich aus Bananen. Die Hauptnahrungsmittel in der Region heutzutage sind Reis und Ugali, ein fester Brei aus Maismehl und Wasser. Diese beiden Bestandteile fehlen bei keiner Mahlzeit. Dazu gibt es verschiedenste Gemüsebeilagen, Bohnen oder Linsen. Hin und wieder gibt es Fleisch, meist Huhn oder Ziege, zumindest in unserer Gastfamilie aber nicht sehr häufig.
Es gibt auch ein traditionelles "Bier" in Kiswahili "Pombe" in Kichagga "Mbege", das ohne Hopfen aus Hirse und Bananen hergestellt wird. Uns wurde gesagt, es könne auch sehr lecker sein, jedoch fallen unsere bisherigen Erfahrungen mit diesem Gebräu um es nett zu sagen eher in die Kategorie "interessant".

Die Chagga leben wie viele andere Stämme auch im Verbund der Großfamilie. Eltern teilen ihr Land unter den Kindern auf. Durch ein starkes Bevölkerungswachstum und den beschränkten Lebensraum (die Kilimanjaroregion ist eine der dichtbesiedeltsten Tansanias) herrscht Landknappheit. Als Folge sind viele Chagga in die Städte gezogen um dort als Geschäftsleute und Händler ihr Glück zu suchen. Laut unserem Gastvater haben die Chagga einen starken Geschäftssinn und haben es somit zu einigem Wohlstand und Einfluss gebracht. Einige versuchen auch Geld durch Kunst- und Schmuckherstellung zu verdienen.
So hatten wir auf unserer Wanderung zum Marangu Gate eine beeindruckende Begegnung mit einem Lieferanten für den Souveniershop unseres Gastvaters.




Typische Chagga Weichholzschnitzereien
Die Landflucht und die allgemeinen kulturellen Veränderungen in Tansania haben auch für die Chagga zu vielen Problemen geführt, denen wir uns in einem allgemeineren Kontext später widmen werden.

2 Kommentare:

  1. Ihr macht den Blog wirklich gut, ja fast schon professionell! :)
    Macht weiter so, und auch solch kulturelle Einlagen sind immer gern gesehen.

    Wann geht es eigentlich in der Klinik so richtig los?
    Passt weiterhin auf euch auf und liebe Grüße aus der Basilikums-WG

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  2. Danke!Wir sind fleißig dabei uns viel Wissen anzueignen. Weitere Themen sind schon in Planung ;)
    Gestern Abend sind wir in Litembo angekommen und haben jetzt das Wochenende um uns ein bisschen einzuleben und uns an die Höhenluft zu gewöhnen.
    Wir gehen davon aus, dass es dann am Montag im Krankenhaus losgeht mit- wie wir heute erfahren haben- sehr humanen Anfangszeiten zwischen 8 und 9 :)

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